Eigentlich bin ich eher zurückhaltend mit Superlativen, aber hier -auf dem Lido di Venezia- stimmt die Feststellung: Wenn Glück an einem Ort laut wäre, dann müsste man am Lido einen Gehörschutz tragen. Dieser Ort macht einfach glücklich. Italien – Venedig – Lido, das könnte man als legitime Steigerung formulieren. Es ist zu all dem, was Venedig sowieso schon bietet, entspannt, man kann flanieren, keine engen Gassen und etwas mondän ohne arrogant zu wirken. Der Lido ist „Aristokratie to go“, also irgendwie für jeden.
Ich genieße den Tag bewusst ohne touristische Ziele, einfach treiben lassen. Alte Gassen, gepflegte Villen, Läden mit italienischem Kitsch, und dann komme ich etwas versteckt an einer kleinen Kirche vorbei. Es ist alles zu, schade. Vor dem Haupteingang komme ich mit einem Nachbarn ins Gespräch. Pastore ist in „Tempo di ritiro“ – Einkehrzeit. Mein Gesprächspartner beeilt sich, mir zu erzählen, dass es hier sonst täglich morgens und abends ein „Preghiera quotidiana“ – Tagzeitengebet gibt. Was für eine schöne Information. Manchmal frage ich mich, wo auf der Welt sonst noch gebetet wird. Mit dieser Info hat die Frage ein Gesicht bekommen.

Und dann komme ich doch noch an einem touristischen Highlight vorbei. Dem Hotel Excelsior. Die Architektur hat den Anschein, dass der Architekt von Neuschwanstein einen italienischen Verwandten hatte, der hier tätig war. Ein kitschiges Hotelschlösschen, das Geschichte atmet. 1932 zum Beispiel. Dieses Jahr war mir bisher vor allem deshalb im Gedächtnis, weil in dem Jahr mein Dad geboren wurde. Es ist aber auch noch anderes passiert. Auf der Terrasse des Hotels diskutierten regional und internationale Kunstexperten über dies und das. Dazu ein Tourismusmanager, der interessiert lauscht und gerne mehr Menschen für den Lido interessieren möchte. Irgendwann fällt das berühmt gewordene Zitat:
„Kunst allein reicht nicht mehr – das Kino ist die neue Sprache der Welt.“
Man kreiert eine „Ausstellung von Filmen“ die sich als Kunstform versteht. Die Mostra del Cinema, das Internationale Filmfestival von Venedig ist geboren. Und im Laufe der Zeit waren sie alle da. Ob Sophia Loren oder Brad Pitt, ob Cate Blanchett, George Clooney oder noch viele andere, der Lido ist im Filmgeschäft Pflicht. Was für eine schöne Pflicht kann ich nur sagen!
Der erste Filmabend fand am 6. August 1932 auf der Terrasse des Excelsior statt. Man hatte eine riesige Leinwand aufgebaut, Stuhlreihen im Sand für rund 3.000 Gäste rundeten die in Rekordzeit organisierte Veranstaltung ab. Bis heute hat der Ort nicht von seiner Kraft verloren, ich liebe es hier zu sein.