Köln animiert mich an vielen Stellen, einfach mal aus dem Moment heraus zu treten. Immer wenn ich den Dom sehe, und das ist in Köln meistens der Fall, frage ich mich, was man von dort oben sieht. Eine Stadt, wie ein Ameisenstaat. Es wuselt, die Menschen laufen kreuz und quer, jeder scheint ein Ziel vor Augen zu haben. Wer gibt eigentlich die Anweisungen wo es hingeht? In den biblischen Sprüchen heißt es an einer Stelle: „Welcher Mensch verstehet seinen Weg?“ Verstehen die hier alle Ihren Weg? Kennt jeder sein Ziel? Auch wenn es platt klingt, für wen ist der Weg das Ziel, und was bedeutet diese Feststellung? Die Hohe Straße in Köln (das ist die örtliche Einkaufsmeile) fühlt sich irgendwie an, wie die Nachmittags – Talkshow bei rtl zwei. Es ist laut, die Sprache häufig nicht zitierbar, und die Geschäfte verticken sterbenslangweiligen Mainstream, stellen den Plunder ins Schaufenster und hängen auch noch frivole Preisschilder daran. Ich frage mich, warum? Eine mögliche Antwort wartet am Alten Markt. Bei einem Cappuccino lasse ich die Szenerie auf mich wirken. Plötzlich innerhalb weniger Minuten postiert sich eine Blaskapelle im Faschingskostümen und spielt Schlager als „Dicke-Backen-Variante“. In Frankfurt undenkbar, hier feiern die Leute mit. Es wird geschunkelt, geklatscht und der Refrain mitgesungen. Selige Menschen, die einfach nur zufrieden sind. Ist das der Weg in Köln? Es treibt mich weiter, ich finde mich in der Antoniterkirche wieder. Dort stehe ich staunend vor Barlachs schwebendem Engel. Den gibt es zweimal. Ich habe ihn bereits vor einigen Jahren in Güstrow bestaunt.
Die ganze Story dazu ist hier nachzulesen!
Der Schwebende zieht mich erneut in seinen Bann! Er wirkt auf mich, als würde er mit Gottes Augen auf die Welt schauen und das sehen, was sich Menschen so alles antun. Ernst Barlach hat ein grandioses Meisterwerk geschaffen. Der Engel lässt in einer absoluten friedlichen Atmosphäre, den Moment von Gebet und Nähe erfahrbar werden. Für mich der in Bronze gegossene Shalom Gottes. Gleichzeitig strahlt er fein und berührend Hoffnung und Trost aus für alle, die gerade hoffnungslos durchs Leben schweben. Ich glaube, wenn ich in den nächsten Tagen die Nachrichten sehe, werde ich an Barlach und seinen schwebenden Engel denken.

Für mich hat während des Krieges die Zeit stillgestanden. Sie war in nichts anderes Irdisches einfügbar. Sie schwebte. Von diesem Gefühl wollte ich in dieser im Leeren schwebenden Schicksalsgestalt etwas wiedergeben.“
Ernst Barlach