Auf Campingplätzen in Italien unterwegs zu sein, ist in mehrfacher Hinsicht eine Zeitreise. Natürlich fallen mir persönliche Geschichten, aus vielen Jahrzehnten dieser Art des Reisens ein. Ob mit Motorrad, ganz konventionell mit dem Auto, ob mit einem T2 Bulli oder eben jetzt mit unserem Ludwig. Erinnerungen kommen unweigerlich. Vielleicht hat das auch etwas mit dem Alter zu tun, keine Ahnung. Trotzdem Erinnerungen machen mir Freude, man kann sich das Positive unter einer Lupe im Gedächtnis behalten, das Andere lasse ich einfach links liegen.

Und dann war da die Begegnungen der ganz anderen Art. Was ich gestern das erste Mal bewusst um die Ecke meine Umgebung, auf der anderen Seite der Campingstraße entdeckte, war als ob ich kurz in die 1960er und 70er ge-beamt werde. Das Wirtschaftswunder hatte nachdem alle satt waren einen ganz neuen Hunger kreiert. Reisen. Wer etwas auf sich hielt fuhr nach Italien. Venedig, Rimini, Rom, Napoli. Karawanen westdeutscher Autos, meist Käfer, seltener Ford Taunus oder Opel Rekord, rollten an den Teutonen-Grill. Wem es an Auto, Führerschein oder beidem mangelte, der buchte eine Busreise. Fliegen war nur etwas für die Reichen.

Unter Bussen gehörte in dieser Zeit der Setra – Kässbohrer zum gewohnten Bild. So zu sagen, der Käfer der Busfahrenden. Und so ein Setra, Baujahr 1962 steht auf der benachbarten Parzelle. Liebevoll restauriert und als Camper ausgebaut. Mir geht das Herz auf, als ich diesen orangenen Traum stehen sehe. Wir kommen ins Gespräch. Tauschen Erfahrungen aus, Bulli, hier hat man etwas gemeinsam. Als ich noch mit dem T2 unterwegs war, gehörten auch für mich solche Dialoge zum Standard. Der Setra steht orange-glänzend in der Sonne. Rein technisch dürfte jeder moderne Camper dem Setra um Längen voraus sein. Aber sie sind emotional betrachtet laut, ordinär, derb, aufdringlich.

Der Setra nicht. Er ist mit unaufdringlichem Charme geradezu geflutet. Dieser Bus ist Hochlyrik auf vier Rädern. Der neuen Nutzung zugeführt, strahlt er eine stimmige und durchdachte Komposition aus. Selbst das dazu neu erstellte und farblich angepasste Sonnensegel wirkt wie aus dieser anderen Zeit. Ich jedenfalls wünsche mir auch zukünftig, dass solche Autos im Straßenbild erhalten bleiben.

Auch wenn ich weis, das es das eigentlich nicht gibt, für mich ist er ein wunderbarer Zeuge der guten alten Zeit.