Übrigens, eins mal grundsätzlich vorneweg. Ich lese immer wieder auf anderen Blogs, dass es offensichtlich der ultimative Zenit des Campers ist, den einsamsten Ort überhaupt gefunden zu haben. Alle anderen werden dann durch die Blume als bestenfalls trendige Mitläufer milde belächelt. Bei mir ist es anders. Ich liebe es Menschen zu begegnen. Ich freue mich an Gemeinschaft. Mir fehlt etwas, wenn ich keinen Plausch mit dem neuen Nachbarn auf Zeit führen kann. Das ist für mich ein Teil der Qualität dieser Form des Reisens.

Und jetzt zum eigentlichen Thema: Ich liebe es, auf dem Campingplatz spülen zu gehen. Wir hatten beim letzten Urlaub zum ersten Mal Nachbarn mit einer Camping-Spülmaschine im Vorzelt. Wie furchtbar! Denen geht etwas verloren. Für mich ist der Gang zum Spülen ein sich täglich wiederholender offener Feldversuch. Hier kann man Sozialstudien mit außerordentlicher Aussagekraft durchführen. Interessant ist, dass trotz aller Vielfalt immer wieder ähnliche Typen anzutreffen sind.

Da ist Typ „Pärchen-frisch verheiratet“. Sie läuft mindestens 2 Meter voraus und erkundet die Infrastruktur. Er trägt das verschmutzte Spülgut hinterher. Nachdem er auch ankommen ist, gibt sie präzise Anweisungen, wie das ganze vonstatten geht. Eigeninitiative der männlichen Seite sollte tunlichst unterlassen werden. NEIN, zuerst kommen die Gläser! Der frisch Verheiratete ergibt sich mit der stillen Stoischkeit einer historischen Ausgrabungsstätte seinem Schicksal, es nützt ja nichts.

Zwischenzeitlich ist am Nachbarspülbecken der Typ „flippiger Finanzbeamter“ erschienen. Für den Urlaub hat er ein ganz gewagtes Outfit gewählt. Ein T-Shirt mit trendigem Sonnenuntergang als Motiv, die Shorts vom bekannten Outdoor-Label und die Füße stecken in Trecking-Sandalen, die noch nie einen Treck gesehen haben. Bestenfalls dazu ordentlich hoch gezogene Tennis-Socken (es gibt Scheußlichkeiten, die sind nicht tot zu kriegen), schlimmstenfalls nackte Männer-Plauzen. Der eigentliche Spülvorgang erfolgt mit der Gleichförmigkeit einer Quartals-Prüfung, zahllose Male bereits durchgeführt. Alles ist geordnet, nichts dem Zufall überlassen. Hier wird selbst das Spülen auf dem Campingplatz zur organisierten Langeweile:

Ganz anders, der Typ „Erklär-Vater“. Er schleppt mindestens zwei Ableger mit, die an allem anderen mehr interessiert sind, als am Spülen. Die Kommunikation dieses Protagonisten strahlt das in einem Jahr angesammelte schlechte Gewissen, des sich im Alltag nicht Kümmerns, aus. Hier macht er alles wieder gut. Reihenfolge des Spülvorgangs, egal. Es kommen die wirklich wichtigen Themen zur Sprache. Unfallverhütung während des Spülens mit Blick auf die scharfen Messer. Chemische Zusammensetzung des Spülmittels und warum man danach trotzdem von den Tellern essen kann. Insgesamt ist der Erklär-Vater laut und auch darauf bedacht, dass die Welt ihn und seine erzieherische Kompetenz wahrnimmt.

Dies drei Varianten des immer gleichen und doch so unterschiedlichem Themas. Meine Empfehlung, beim nächsten Mal, den Spülplatz in der Mitte wählen, wegen der Aussicht. Dann ganz langsam arbeiten und sich an den Ereignissen rundherum erfreuen. Aber Obacht, auch andere sind aufmerksam. Sicher wird jemand denken: „Wieder einer in der Mitte, der meint andere studieren zu müssen“. Auch das gehört dazu und ist für mich in Ordnung.